Die wichtigsten Gerichtsurteile zum Thema gebrauchte Software im Überblick:

Urteil des BGH vom 11. Dezember 2014

Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich in seinem Urteil vom 11. Dezember 2014 (I ZR 8/13) mit der Frage, ob bei einem Kauf von 40 Lizenzen des Softwarepakets „Adobe Creative Suite 4 Web Premium“ später 2 Lizenzen davon gesondert „gebraucht“ weiterverkauft werden dürfen. Dabei ging es um 40 jeweils eigenständige Lizenzen („Nutzungsrechte“), die nach Ansicht des BGHs in Folge auch eigenständig übertragen werden durften. Das BGH Urteil kann nicht als generelle Zustimmung interpretiert werden, dass per Volumenlizenz erworbene Software aufgeteilt und einzeln übertragen werden könnte. Der Begriff der „Volumenlizenz“ ist gesetzlich nicht definiert und wird bei den verschiedenen Softwareherstellern rechtlich und inhaltlich sehr unterschiedlich gebraucht. Microsoft beispielsweise versteht unter Volumenlizenzen nicht nur eine Sammlung von Einzel-Lizenzen, sondern räumt etwa bei Office Volumenlizenzen sogar Client-Server-Nutzungsrechte mit ein, also genau solche Rechte, zu denen der BGH sich im Urteil vom 17. Juli 2013 so äußerte, dass deren Aufspaltung nicht ohne weiteres zulässig ist. Das vollständige Urteil ist unter Aktenzeichen I ZR 8/13 zu finden.

Urteil des BGH vom 17. Juli 2013

Der BGH hat das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Juli 2012 erwartungsgemäß bestätigt. An der prinzipiellen Zulässigkeit des Vertriebs von gebrauchten Softwarelizenzen ist damit nicht mehr zu rütteln. Bereits Ende 2012 hat auch das OLG Frankfurt als Folge des EuGH-Urteils vom 3. Juli 2012 seine Rechtsprechung geändert und entschieden, dass beim Gebrauchtsoftwarehandel auch das Aufspalten von Volumenlizenzen zulässig ist (Az. 11 U 68/11 vom 18. Dezember 2012). Das vollständige Urteil ist unter Aktenzeichen I ZR 129/08 zu finden.

Urteil des BGH vom 6. Oktober 2011

Der Bundesgerichtshof entschied am 6. Oktober 2011 (Az. I ZR 6/10 – Echtheitszertifikat), dass der Vertrieb von Sicherungs-CDs mit Echtheitszertifikate, die von den Computern abgelöst worden waren, eine Markenrechtsverletzung darstellt, weil es dem Verbraucher die falsche Aussage vermittelt, dass die Software mit der Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht worden sei und dieser für die Echtheit einstehe. Laut dem Urteil steht der Erschöpfungsgrundsatz dem nicht entgegen.

Urteil des BGH vom 11. Februar 2010

Der Bundesgerichtshof entschied am 11. Februar 2010 (Az. I ZR 178/08 – Urteilsbesprechung in GRUR 2010, 822), dass die zwingende Registrierung einer Software (hier: Half Life 2) nach Installation über ein Benutzerkonto auf dem Internetserver des Softwareherstellers den urheberrechtlichen Grundsatz der Erschöpfung des Verbreitungsrechts nicht verletzt, auch wenn in den Lizenzbestimmungen der Software die Weitergabe des Benutzerkontos an Dritte untersagt ist. Dies gilt auch dann, wenn der Datenträger mit der Software daher vom Ersterwerber praktisch nicht mehr weiterverkauft werden kann.

Urteil des OLG München vom 3. Juli 2008

Das Oberlandesgericht München entschied am 3. Juli 2008 (Az. 6 U 2759/07 – Urteilsbesprechung in MMR 2008, 601), dass ein Wiederverkauf von Oracle-Lizenzen rechtswidrig war, weil die Zustimmung des Urhebers nicht vorgelegen hatte. Dies gelte selbst beim Vertrieb von Oracle-Einzelplatzlizenzen mit Übergabe eines Original-Datenträgers. Dieses Urteil bezieht sich allerdings ausschließlich auf Oracle-Software, nicht auf Software von Microsoft oder anderer Hersteller. Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen dieses Urteil zugelassen, wird die Entscheidung also überprüfen. Am 3. Februar 2011 hat der BGH mit Beschluss Az. I ZR 129/08 – zur Zulässigkeit des Vertriebs “gebrauchter” Softwarelizenzen – drei Kernfragen zur Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union EuGH weitergeleitet.

Urteil des LG München vom 4. April 2008

Das Landgericht München I entschied am 4. April 2008 (Az. 30 O 8684/07 – Urteilsbesprechung in MMR 2008, 563), dass auch einzelne Software-Lizenzen aus Microsoft-Volumenlizenzverträgen „gebraucht“ weiterverkauft werden dürfen (rechtskräftig). Es urteilte, … „dass der Verkauf bzw. die Veräußerung einzelner Microsoft-Software-Lizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenlizenzverträgen abgegeben worden waren, auch ohne Zustimmung von Microsoft im Grundsatz wirksam möglich ist.“ Das bedeutet: Auch wenn Microsoft mehrere Nutzungsrechte in einem Volumen-Paket verkauft (mit z. B. nur einer Master-CD), erschöpft sich sein Verbreitungsrecht trotzdem in Bezug auf jede einzelne Lizenz. Somit dürfen diese auch einzeln weiterverkauft werden, und nicht nur in Form des ursprünglichen Pakets. Die Rechtsauffassung von Microsoft, nach welcher der Käufer einer Volumenlizenz nur ein Vervielfältigungsrecht, aber keine Einzellizenzen erwirbt, wurde von dem Gericht verworfen. Das Landgericht München bezieht sich auch ausdrücklich auf das Urteil des Landgerichts Hamburg, das bereits am 29. Juni 2006 den Weiterverkauf einzelner Microsoft-Lizenzen aus Volumenlizenzverträgen für zulässig erklärt hatte (Az. 315 O 343/06 – Urteilsbesprechung in ZUM 2007, 159), und schloss sich dieser Rechtsauffassung an.

Urteil des OLG München vom 3. August 2006

Das Oberlandesgericht München bestätigte am 3. August 2006 eine einstweilige Verfügung, wonach der Handel mit gebrauchter Oracle-Software nicht zulässig ist, wenn diese per Online-Übertragung erworben wurde, d. h. ohne Original-Datenträger (CD, DVD, Tape, etc.) des Herstellers (Az. 6 U 1818/06 – Urteilsbesprechung in MMR 2006, 748). Während das Gericht die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des Handels mit gebrauchter Software nicht in Frage stellte, folgte es in dem vorliegenden Fall der Argumentation Oracles. Demnach träte die Erschöpfungswirkung bei online übertragenen Lizenzen nicht ein, da kein Vervielfältigungsstück in Handel gebracht worden sei. Diese wortwörtliche Auslegung des Erschöpfungsgrundsatzes (bzw. nicht durchgeführte analoge Anwendungserweiterung) wurde von mehreren Urheberrechtsexperten (Prof. Sosnitza, Prof. Hoeren, Dr. Grützmacher u.a.) als realitätsfremd kritisiert. Kunden von Oracle, die sich das Recht am Weiterverkauf ihrer Software sichern wollen, können zudem beim Kauf auf die Aushändigung eines Original-Datenträgers bestehen zw. diesen nachträglich anfordern. Dann ist der Weiterverkauf auch nach dieser Rechtsauffassung legal.

Urteil des LG Hamburg vom 29. Juni 2006

Das Landgericht Hamburg urteilte am 29. Juni 2006 (315 O 343/06 – Urteilsbesprechung in ZUM 2007, 159), dass auch einzelne Microsoft-Lizenzen aus Volumenlizenzverträgen gebraucht weiterverkauft werden dürfen. Das Gericht bestätigte, dass der Erschöpfungsgrundsatz auf jede einzelne Lizenz aus einem Volumenlizenzvertrag anzuwenden ist. In dem Urteil heißt es: „Der Verkauf bzw. die Veräußerung einzelner Microsoft-Software-Lizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenlizenzverträgen wie z. B. Select-Verträgen abgegeben worden waren, ist auch ohne Zustimmung von Microsoft wirksam möglich.“ Bestimmungen innerhalb der Lizenzverträge, die den Weiterverkauf einer Software einschränken sollen, sind somit unwirksam, da es sich bei der Erschöpfung um „zwingendes Recht“ handelt, das vertraglich nicht ausgehebelt werden kann. Auf die Argumentation des Klägers, eine Aufsplittung von Volumenlizenzen sei aufgrund der dabei gewährten günstigeren Konditionen nicht möglich, entgegnete das Gericht: „Das Vergütungsinteresse von Microsoft (ist) nicht zu berücksichtigen. Für die Frage des Eintrittes einer urheberrechtlichen Erschöpfung (ist dies) viel mehr gänzlich irrelevant.“

BGH-Urteil vom 6. Juli 2000

Im Urteil vom 6. Juli 2000 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass der Erschöpfungsgrundsatz nicht durch Lizenzbestimmungen der Hersteller ausgehebelt werden kann (Az. I ZR 244/97 – OEM-Entscheidung – Urteilsbesprechung in GRUR 2001, 153). Damals klagte Microsoft gegen die Weiterveräußerung sogenannter OEM-Software, die beim Verkauf vertraglich an neue Hardware gebunden, vom Zwischenhändler aber dennoch isoliert in Handel gebracht worden war. Die Klage wurde abgewiesen. Der BGH stellte in seinem Urteil fest, dass die „Weiterverbreitung aufgrund der eingetretenen Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts frei ist“. Bereits mit der ersten Veräußerung gäbe der Berechtigte demnach die „Herrschaft über das Werksexemplar auf“. Das Werkstück würde damit „für jede Weiterverbreitung frei“. Diese Freigabe liegt laut BGH nicht nur im Interesse des Verwerters, sondern käme darüber hinaus auch der Allgemeinheit zugute. In der Urteilsbegründung heißt es weiter: „Könnte der Rechtsinhaber, wenn er das Werkstück verkauft oder seine Zustimmung zur Veräußerung gegeben hat, noch in den weiteren Vertrieb des Werkstücks eingreifen, ihn untersagen oder von Bedingungen abhängig machen, so wäre dadurch der freie Warenverkehr in unerträglicher Weise behindert.

Quelle: Wikipedia